Morgens um 8 Uhr werden wir vom Wecker geweckt. Nach dem Frühstück packen wir unsere letzten Sachen zusammen und bringen alles wieder runter. Während wir unsere Räder beladen, kommt der nette ältere Herr wieder vorbei, um die Schlüssel entgegen zu nehmen. Wir unterhalten uns noch kurz, ehe er uns eine gute Weiterreise wünscht und sich verabschiedet. Für uns geht es jetzt Richtung Griechenland. Noch in Blagoewgrad halten wir an einem Supermarkt an, um unsere Vorräte wieder aufzustocken. Während Jasmin einkaufen geht, warte ich bei den Rädern.Als ich da so auf dem Boden neben unseren Rädern sitze, kommt eine ältere Frau mit einem kleinen Kind im Kinderwagen an mir vorbei und bleibt vor mir stehen. Sie grüßt mich, redet mit dem Kind und zeigt immer wieder auf die Räder. Dann fragt sie mich etwas auf bulgarisch, was ich aber leider nicht verstehe. Ich antworte ihr das ich leider kein bulgarisch spreche. Daraufhin holt sie ihr Handy aus der Tasche und zeigt zuerst auf das Handy, dann auf das Kind und schließlich auf unsere Räder. Jetzt wird mir klar was sie möchte. Sie würde gerne ein Foto mit dem Kind auf unseren Rädern machen. Ja klar, gerne. Sie nimmt das Kind aus dem Wagen, gibt mir das Handy und setzt das Kind auf mein Rad. Ich mache 2 3 Bilder von ihnen und reiche ihnen das Handy zurück. Sie setzt das Kind wieder in den Kinderwagen und deutet noch mal auf das Handy und dann auf mich. Jetzt also von mir und den Rädern. Klar, kein Problem. Ich komme mir vor wie ein Promi und muss schmunzeln. Sie macht ein paar Bilder, bedankt sich und geht weiter. Wenig später kommt Jasmin vom einkaufen wieder. Ich erzähle ihr was ich eben erlebt habe. „Wer weiß, vielleicht ist sie ja ein Talentscout“ antwortet sie mir und fängt an zu lachen. Wir verstauen den Einkauf und fahren weiter. Wir folgen wieder dem Fluss Struma weiter flussabwärts aus Blagoewgrad raus. Diesen Fluss werden wir nahezu bis nach Griechenland folgen, denn wir haben ein gemeinsames Ziel, die Ägäis. Noch ein Vorteil beim flussabwärts fahren, es geht bergab. Naja fast. Der Weg geht neben dem Fluss immer wieder mal hoch und wieder runter. Dabei fahren wir durch eine wirklich schöne Landschaft. Links und rechts von uns sind Berge und hin und wieder kommen wir durch kleine Dörfer. Oft entdecken wir dabei die ein oder andere Skurrilität.

Merkwürdig bemalte Hauswände, Autos mit lustiger deutscher Werbung, aber auch sehr skurrile Gebäudeverzierungen.

Als wir einen schönen Pauseplatz mit Brunnen und Sitzmöglichkeiten finden, beschließen wir eine Mittagspause zu machen. Nach einer ausgiebigen Mittagspause fahren wir weiter. Wir kommen der bulgarisch griechischen Grenze immer näher. Dies macht sich auch in der Landschaft bemerkbar. Als wir heute morgen in Blagoewgrad losgefahren sind, war alles um uns herum noch grün. Mittlerweile ist das saftige grün einem trockenen Braunton gewichen. Schon beeindruckend, wie schnell sich die Natur verändert und das in nur 70Km. Da es langsam Richtung Abend geht, fangen wir an nach einem Schlafplatz Ausschau zu halten. Leider ist es diesmal nicht ganz so einfach. Ein Großteil der Fläche wird landwirtschaftlich genutzt. Da nahezu alle Felder um uns herum vor kurzem erst gepflügt wurden, ist hier ein Zelten nicht wirklich möglich. Tiefe Rinnen ziehen sich durch die Felder. Die wenigen Flächen, die nicht genutzt werden, sind meist mit Knie hohen stacheligen Sträuchern bedeckt. Irgendwann werden wir dann doch noch fündig. Von unserem Schlafplatz aus haben wir eine super Aussicht auf die Berge, die Bulgarien und Griechenland in nur noch knappe 10km von einander trennen. Wir essen noch im Schein der untergehen Sonne etwas und legen uns dann schlafen.

Nach dem Frühstück bei herrlichem Sonnenschein packen wir unsere Sachen zusammen und beladen die Räder. Jetzt sind es nur noch knappe 10Km bis nach Griechenland. Kurz vor der Grenze entdecke ich eine Tankstelle. Hey, wir haben doch noch ein wenig Bargeld, dass kann man hier doch bestimmt noch loswerden. Ich zeige Jasmin an, dass ich zur Tankstelle möchte. Wir halten direkt vor dem kleinen Tankstellenshop. „Muss du mal die zur Toilette oder haben wir was vergessen?“ fragt sie mich. „Nein, aber wir haben noch ein wenig Kleingeld und da dachte ich mir, was kann uns den Tag denn noch ein wenig versüßen? Ein Eis als zweites Frühstück“ antworte ich ihr und reiche ihr das restliche Bargeld. „Super Idee“ antwortet sie und marschiert los. „Aber nicht alles auf einmal ausgeben“ rufe ich ihr noch hinterher. 2 Minuten später ist sie wieder zurück. „Hier eins für dich und eins für mich. Das Geld hat noch genau für zwei Eis gereicht“ erzählt sie mir. Was gibt es schöneres, als um 9:30Uhr morgens Eis zu essen. Da die Front des Tankstellenshops komplett aus Glas ist und wir genau an der Kasse stehen, können uns die zwei Kassiererinnen beim Eis schlabbern beobachten. Sie lachen und winken uns freundlich zu. Ich glaube zwei Verrückte mit voll gepackten Rädern, die dann auch noch um 9Uhr morgens Eis essen, hatten sie wohl bis jetzt auch noch nicht. So jetzt geht es aber weiter zur Grenze, die nun keine 100m mehr entfernt ist. Auf bulgarischer Seite findet die übliche Ausreisekontrolle statt, die schnell von statten geht. Weiter geht es zur griechischen Einreisekontrolle. Vor uns sind mehrere Autos. Also stellen wir uns an. Als uns einer der beiden Grenzbeamte sieht, ruft er uns zu wir sollen nach vorne kommen. So schieben wir unsere Räder rasch an den Autos vorbei nach vorne. Als wir vorne ankommen, begrüßt er uns und sagt, dass wir die Räder ruhig an der Hauswand abstellen können und uns nicht beeilen müssen. Wir bedanken uns und schieben sie rüber zum Gebäude. Dort steht eine Frau und ein Mann, die uns staunend beäugen. Sie spricht mich an und fragt mich ein wenig aus. Wo wir herkommen, ob wir wirklich alles mit dem Fahrrad gefahren sind und ob man uns online folgen kann. Ich beantworte den beiden all ihre Fragen und hole währenddessen alle unsere Unterlagen für die Einreise heraus. Nach einem kurzen netten Gespräch mit den beiden gehen wir zu den beiden Beamten rüber. Der eine Grenzbeamte, der uns nach vorne gerufen hat, hält das nächste Auto an und signalisiert ihm das er warten soll. Wow, was für ein Service. Der andere Beamte fragt nach unseren Pässen die ich ihm gebe und ihm sage, dass wir auch noch die negativen PCR-Tests haben und den erhaltenden QR-Code aus der Einreisebestätigungs Email. Dem anderen halte ich die PCR-Tests hin. Diese nimmt er nur kurz in die Hand und reicht sie mir zurück. Auch unsere Pässe erhalten wir direkt wieder. Dann fragen sie uns noch ein paar Sachen. Wo kommt ihr her? Alles mit dem Fahrrad? Anschließend wünschen sie uns noch eine schöne Weiterreise durch Griechenland. Das war einfach, denk ich mir. Nachdem wir alle möglichen Schauermärchen im Internet gelesen haben, bezüglich der aktuellen Einreise nach Griechenland (COVID-19), war unsere schnell und einfach.

Juhu, wir sind in Griechenland. An dem „welcome to Greece“ Schild halten wir erst einmal an und machen ein Foto.

Dieses senden wir umgehend zu meinen Großeltern, die jetzt nur noch 1 ½ Tagesfahrten entfernt sind mit den Worten „bis übermorgen“ zu. Kurz hinter dem Grenzübergang wird die Straße zur Autobahn. Hier hat man jetzt die Wahl zwischen zwei Wegen. Die Autobahn oder aber einen großen Umweg über unzählige Hügel auf sehr schlechten Schotterpisten. Da wir nicht unbedingt auf der Autobahn fahren möchten, beschließen wir uns mal den Weg durch die Hügel anzuschauen. Doch dieses Unterfangen geben wir schnell wieder auf. Der Weg, der anfangs noch einigermaßen gut zu befahren war, wird nach nur wenigen hundert Metern zur Tortour für Radfahrer. Sandboden, stachelige Pflanzen und das dann auch noch alles bergauf. Nein danke. Wir drehen um und nehmen die Autobahn. Hier ist erstaunlich wenig los. Die erste halbe Stunde sind wir komplett alleine auf der Autobahn unterwegs. Hin und wieder kommt mal ein Auto oder Lkw vorbei. Da es einen breiten Seitenstreifen gibt, fährt es sich hier richtig angenehm. Bis auf die Sonne die von oben auf uns niederbrennt. Das Thermometer zeigt 43°C in der Sonne an und Schatten ist weit und breit nicht in Sicht. Auch einen Rastplatz ist nicht in Sicht. Nach ungefähr 34Km taucht eine Mautstelle auf. Auf einem Schild 100m vor der Zahlstelle steht ein großes Schild mit den Preisen drauf. Lkw´s, Autos, Busse und Motorräder sind aufgelistet. Fahrräder aber nicht. Warum auch? Keiner rechnet mit zwei verrückten Radfahrern aus Deutschland. An der Mautstelle gibt es mehrere Kassenhäuschen. Wir fahren zu einem der drei, das frei ist. Erst am Häuschen selber bemerken wir, dass das Häuschen nicht besetzt ist, da es sich um eine Automatikschranke handelt. Und nun? Wir fahren einfach an der Schranke vorbei. Mal gucken was passiert. Aber es passiert nichts. Keiner hält uns auf. Schließlich sind Fahrräder ja gratis, laut Schild :D Also folgen wir weiter der Autobahn Richtung Süden nach Thessaloniki. 12Km später taucht wieder eine Mautstelle auf. Wir wiederholen das Spiel noch einmal und siehe da, es klappt wieder. Mittlerweile sind wir schon 49Km auf der Autobahn unterwegs und haben keine Rastmöglichkeit entdeckt. Keine Tankstelle und auch keine kleine Parkbucht. Selbst Bäume, die etwas Schatten spenden würden, sind weit und breit nicht zu finden. Langsam wird es echt hart zu fahren. Zusätzlich geht es dabei auch noch immer leicht hoch und runter. Dann taucht ein Schild auf, dass auf eine Tankstelle in 2Km hinweist. „Da, Erlösung. Bor, ich werde mir eine ganze Flasche eiskalte Limonade rein ziehen“ sage ich zu Jasmin. „Oh ja ich auch“ antwortet sie mir. Doch 2Km später sollten wir bitter enttäuscht werden, denn die Tankstelle befindet sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite und zwischen uns liegt eine vierspurige Autobahn, die zwar nicht stark befahren ist, aber das größte Problem ist der knapp 2m hohe Zaun der die beiden Straßenseiten trennt. „Das darf doch nicht war sein!“ rufe ich ziemlich wütend aus. Wir schauen uns um, finden aber keine Möglichkeit hinüber zu kommen. Also fahren wir gefrustet weiter. Einige Kilometer später taucht eine kleine Pausestelle auf der Gegenfahrbahn auf. Na toll, schon wieder auf der anderen Seite. Nur diesmal ist kein Zaun dazwischen. Wir stelle unsere Räder so weit wie möglich am Straßenrand ab und laufen hinüber. Endlich etwas Schatten. Hier machen wir eine lange Pause. Während der Pause halte ich schonmal auf der Karte Ausschau nach einem möglichen Schlafplatz für heute. In 6Km soll eine Tankstelle kommen. Natürlich wieder auf der anderen Seite, aber diesmal soll es eine Abfahrt dorthin geben. Wir schwingen uns wieder auf unserer Räder und fahren weiter. Und tatsächlich, diesmal gibt es eine Möglichkeit um zu dieser Tankstelle zu gelangen. Wir suchen uns ein schattiges Plätzchen und Jasmin besorgt uns etwas kaltes zu trinken. Auf dem Weg zur Tankstelle habe ich schon einen Platz zum Schlafen entdeckt. Nach einer ausgiebigen Pause fahren wir zu der Stelle zurück und ich schaue mir sie mal genauer an. Ja hier sollte es gehen. Ich sage Jasmin Bescheid und wir schieben unsere Räder zu der Stelle. Wir machen uns noch etwas zu Essen, bevor wir unser Zelt aufstellen und uns schlafen legen. Ein wirklich langer, heißer und anstrengender Tag geht zu Ende.