Umplanen

Am frühen Morgen werden wir, so wie jeden Tag, von den ersten Sonnenstrahlen geweckt. 
Mittlerweile haben wir uns an den Rhythmus der Sonne angepasst. Wir stehen mit ihr auf, wenn die ersten Sonnenstrahlen am Himmel auftauchen und legen uns schlafen, wenn sie wieder untergeht. Nach dem Frühstück packen wir alles zusammen und schieben unsere Räder zur Straße zurück. Doch bevor wir weiter fahren, wollen wir zuerst noch einmal zum Friedhof zurückfahren, an dem wir gestern vorbei gekommen sind. Er liegt nur ungefähr 400 Meter entfernt und somit sind wir schnell dort. Wir stellen unsere Räder an der Friedhofsmauer ab und fangen an unsere leeren Wasserflaschen an dem kleinen Wasserhahn, der sich direkt am Eingangstor befindet, aufzufüllen. Nachdem alle Flaschen wieder voll sind, fahren wir los. Am Himmel sammeln sich langsam dicke Wolken, aber es bleibt trocken. Vorerst jedenfalls. In Makarska machen wir Halt an einem Supermarkt. Ich gehe rein um ein paar kleine Besorgungen zu machen, während Basti draußen bei unseren Rädern bleibt. Als ich wieder raus komme, hat es angefangen ganz leicht zu nieseln. Was uns aber nicht sonderlich stört. Schließlich haben wir immer noch angenehme warme 32°C. Wir verstauen den Einkauf und schwingen uns wieder auf unsere Räder. Nach kurzer Zeit hört es auch schon wieder auf zu nieseln und es zeigt sich sogar hin und wieder mal die Sonne. Wir folgen weiter der Küstenstraße. So wie auch schon die letzten Tage. „Hier muss es aber doller geregnet haben“ sagt Basti zu mir und deutet auf den nassen Asphalt, auf dem sich kleine Pfützen gebildet haben. „Sieht ganz danach aus. Mensch haben wir ein Glück“. Als es dem Abend entgegen geht, halten wir, so wie jeden Tag, Ausschau nach einem Schlafplatz. Wir entdecken eine kleine Bucht unterhalb der Straße. Ein paar Meter weiter kommt auf der rechten Straßenseite ein kleiner Parkplatz, an dem auch zwei Autos geparkt stehen. Am Parkplatz angekommen, sehen wir, dass ein kleiner Weg hinunter zur Bucht führt. „Ich guck mal ob wir da mit den Rädern runter kommen“ sagt er zu mir und stiefelt los. Kurze Zeit später kommt er wieder. „Also, runter sollte kein Problem sein. Nur die ersten bzw. die letzten 2 Meter zur Straße müssen wir dann zu zweit ein Fahrrad schieben. Auf dem Stück sind nämlich viele dicke Steine und Wurzeln. Unten können wir dann entweder direkt am Wasser unser Zelt aufschlagen, oder in dem kleinen Wäldchen der zwischen uns und dem Wasser ist“ sagt er zu mir. Wir beratschlagen uns kurz und entscheiden uns dann hier zu bleiben. Also schieben wir unsere Räder den Pfad hinab zum Wasser. Die ersten Meter sind echt nicht gerade optimal, aber es klappt. Nur morgen früh werde ich es wohl nicht alleine schaffen, dass vollgepackte Rad hoch zu schieben. Nach ein paar Metern bergab sind wir auch schon am Wasser. Vor mir liegt eine echt schöne kleine Bucht mit Kiesstrand. „Und? Wo möchte die Dame nächtigen?“ fragt mich Basti. „Gerne am Wasser. Geht das denn überhaupt mit dem abspannen von dem Zelt in dem Kies?“. „Ja, dass ist kein Problem“. Wir suchen uns eine schöne Stelle direkt am Wasser und stellen unsere Räder ab. Bevor wir aber das Zelt aufbauen, wollen wir eine Runde baden gehen. Anschließend kochen wir uns noch etwas zum Abendessen und bauen dann unser Zelt auf. In der Nacht fängt es an ein wenig windiger zu werden und wir werden von Donner geweckt. Doch wir sollten Glück haben und verschont bleiben, denn das Gewitter zieht an uns vorbei. 


Am nächsten Morgen ist von dem Gewitter nichts mehr zu sehen und wir haben einen klaren blauen Himmel. Doch leider gibt es auch schlechte Neuigkeiten an diesem Morgen. Da wir morgen in Bosnien und Herzegowina ankommen werden, hat Basti, so wie er es alle zwei Tage macht, online beim Auswärtigen Amt über die aktuelle Situation über Einreise und Regelungen bezüglich Covid-19 informiert. Damit wir nachher keine böse Überraschung an der Grenze haben. Leider hat Bosnien und Herzegowina seine Einreisebestimmungen kurzfristig geändert. Somit ist ohne einen Nachweis über einen negativen PCR-Test, der nicht älter als 72 Stunden sein darf, die Einreise nicht mehr möglich. Einzig der Transit durch das Land, der aber auch nur wenige Stunden betragen darf, wäre eine Möglichkeit. Womit aber natürlich ein längerer Aufenthalt nicht möglich ist. Außer wir fahren zurück nach Split und machen dort einen PCR-Test. Oder wir planen unsere Route um. Während ich anfange unsere Sachen zu packen, recherchiert Basti, was für Möglichkeiten wir haben. Nach einer Weile ruft er mich zu sich, um mir verschiedene Optionen zu nennen, die wir haben. Eine wäre, die 150Km nach Split zurück zu fahren um dort dann zu gucken, dass wir in einem Krankenhaus einen PCR-Test machen können. Eine andere Option wäre, die Route so umzulegen, dass wir nur einen kurzen Transit durch Bosnien und Herzegowina haben. Oder, wir umfahren Bosnien und Herzegowina über die Kroatischen Inseln. Leider hat er aber auch noch mehr schlechte Nachrichten für mich. Denn auch Kosovo ist momentan für uns leider nicht mehr möglich. Die Einreise nach Kosovo wäre nicht das Problem, sonder die Ausreise in die Nachbarstaaten, denn die haben die Grenzen für den Personenverkehr zu Kosovo komplett stillgelegt. Somit würden wir dann erst einmal auf unbestimmte Zeit in Kosovo festsitzen. Auch die Einreisebestimmungen nach Griechenland haben sich verschärft. Somit ist die Einreise für Personen ohne griechische Staatsangehörigkeit auf dem Landweg momentan nur noch an einem Grenzübergang möglich und dieser ist von Bulgarien nach Griechenland. Außerdem muss auch hier ein negativer Nachweis eines PCR-Testes, der nicht älter als 72 Stunden bei Einreise sein darf, vorgelegt werden. Eigentlich hatten wir vor, von Albanien nach Griechenland einzureisen. Was nun aber nicht mehr möglich ist. Somit müssen wir so oder so unsere Route umplanen. Bezüglich der Einreise nach Griechenland hat er sich auch schon schlau gemacht. Er hat ein Krankenhaus in Bulgarien rausgesucht, dass möglichst nah an dem besagten Grenzübergang liegt und auch offiziell berechtigt ist, PCR-Tests durchzuführen. Auch das benötigte Formular für das Krankenhaus, sowie für den Grenzübergang, hat er in Digitalerform auf das Handy geladen. Wir beratschlagen uns eine ganze Weile, wie wir jetzt weiter vorgehen. Besprechen Vor- und Nachteile. Schlussendlich kommen wir zu dem Endschluss, dass wir unsere Route umplanen werden müssen. Wir werden nun nur ein kleines Stück durch Bosnien und Herzegowina fahren, um dann wieder weiter Südlich nach Kroatien einzureisen. Von dort aus fahren wir dann weiter nach und durch Montenegro, bis nach Albanien. Von Albanien aus geht es dann weiter durch Nordmazedonien bis nach Bulgarien, wo wir dann einen PCR-Test machen werden, um nach Griechenland einreisen zu können. Denn Griechenland wollen wir unter keinen Umständen auslassen. Grund dafür ist, dass dort Bastis Großeltern leben. Ich merke Basti an, dass er mit der Situation überhaupt nicht zufrieden ist. Er wäre sehr gerne noch durch Serbien und Kosovo gefahren. Ich versuche ihn noch ein wenig aufzumuntern, bevor wir unsere Räder beladen. Wir schieben die Räder zurück zur Straße. Basti ist mit viel Mühe oben angekommen. Die letzten Meter haben es echt in sich. „Kannst du mir helfen? Ich schaffe das nicht alleine“ frage ich Basti. „Lass dein Fahrrad abpacken. Keine Lust das noch mal so zu machen“ antwortet er mir. Wir packen also mein Rad noch mal ab und tragen die Taschen und das Rad einzeln hoch. So geht es wirklich viel einfacher. Nach dem alles oben ist, belade ich schnell wieder mein Rad und dann kann es auch schon los gehen. Nach ungefähr 20Km führt die Straße weg von der Küste und verläuft ein Stück zwischen zwei Bergen. Wir fahren vorbei an mehreren großen Seen, die in einem herrlichen Türkis in der Sonne strahlen.

Als wir bei Baćina an einer größeren y Kreuzung ankommen, verkündet uns ein Straßenschild, dass die Hauptstraße die wir nehmen wollten, aufgrund von Bauarbeiten gesperrt ist. Da es kein Umleitungsschild gibt, schaut Basti mal auf der Karte nach. „Ok, kein Problem. Dann fahren wir jetzt hier ab. Dann kommen wir durch Ploče. Ist jetzt nicht wirklich ein großer Umweg“. Also wenden wir und folgen der Straße. Als wir an einem Kreisverkehr ankommen, müssen wir aber leider feststellen, dass die Abfahrt im Kreisverkehr die zurück auf unsere eigentliche Route führt, ebenfalls gesperrt ist. „Ok, dann halt nicht. Dann fahren wir halt noch einen Bogen“ sagt Basti und fährt vor. Ein gutes hat der Umweg aber dann doch, denn wir kommen an einem Supermarkt vorbei. Hier machen wir eine kurze Pause. Während ich Einkaufen gehe, sucht Basti uns den schnellsten Weg raus. Kurz was trinken und eine Kleinigkeit naschen und dann geht es auch schon wieder weiter. Als wir an einer großen Hauptstraße ankommen, die direkt zu der eigentlichen Straße unserer Wahl führt, müssen wir aber leider feststellen, dass diese für Fahrradfahrer gesperrt ist. Toll und jetzt? Basti schaut noch mal auf der Karte nach. „Aus der Ortschaft führen nur drei Straßen. Die eine die wir genommen haben und die zwei die gesperrt sind. Was ist das denn für ein Unsinn! Ich würde sagen wir fahren jetzt zurück zum Kreisverkehr und gucken wie weit wir kommen. Notfalls fragen wir die Bauarbeiter, ob die uns einen Weg nennen können“ sagt Basti zu mir. Also fahren wir wieder zurück zum Kreisverkehr und biegen in die aufgrund von Bauarbeiten gesperrte Straße ab. Weit und breit ist nichts von einer Baustelle zu sehen. Komisch. Die Straße verläuft parallel zu unserer eigentlichen Route und jetzt sehen wir auch warum diese Straße gesperrt ist. Sie wird verbreitert. Warum dann aber die Straße auf der wir uns gerade befinden auch gesperrt ist, bleibt uns aber ein Rätsel. Als wir an einem älteren Mann vorbei fahren, ruft er uns auf deutsch hinterher „Hallo ihr zwei. Seid ihr aus Deutschland?“ Wir halten an und kommen mit ihm ins Gespräch. Dabei gehen wir gemütlich weiter, bzw. schieben unsere Räder. Der Mann erzählt uns, dass er ein paar Jahre in Frankfurt gelebt hat und in einer Autofabrik gearbeitet hat. Als wir an einem Feigenbaum vorbei kommen, sagt er „hier, die sind reif und sehr lecker“ dabei pflückt er uns ein paar zum probieren. Wir reden noch ein Weilchen mit ihm über unsere Reise, da er viele Fragen hat, bevor wir uns voneinander verabschieden und weiter fahren. Was für ein netter Kerl. Ein paar hundert Meter weiter, gelangen wir dann auch schon wieder auf unserer eigentliche Route. Die Landschaft hat sich schlagartig geändert. Zu unserer linken ist direkt ein Fluss, der neben der Straße verläuft und rechts von uns eine große flache landwirtschaftlich genutzte Fläche. Wir befinden uns mitten in einem Tal, dass von Bergen umsäumt ist. Da es langsam Abend wird, halten wir Ausschau nach einem Schlafplatz. Mmh, gar nicht so leicht. Am Straßenrand sind viele kleine Obst und Gemüse Verkäufer, die allerlei Sachen anbieten. Da wir aber kurz zuvor ja im Supermarkt waren, haben wir aber alles was wir brauchen. Schade. Außerdem sind die Felder dicht an dicht. Somit wird es schwer, hier etwas zum Schlafen zu finden. Nach einer Weile sind wir auch schon einmal um das Tal herum gefahren und müssen jetzt über die Berge rüber. Leider wird es auch hier nicht leichter, einen Schlafplatz zu finden. Felswand auf der einen Seite, Abhang auf der anderen. Dazwischen, die Straße. Als wir aber eine kleine Abzweigung Richtung Felswand finden, halten wir an und Basti schaut sich das mal an. Kurze Zeit später kommt er wieder. „Ist jetzt nicht optimal, aber sollte gehen. Da ist eine recht kleine flache Stelle, die aber als Olivenfeld genutzt wird. Wenn wir ganz hinten in einer der Ecken gehen, sollte es gehen. Schließlich haben wir auch nicht mehr so lange Tageslicht“ sagt er zu mir. Also schieben wir unsere Räder zum Olivenfeld und suchen uns eine Ecke aus. Optimal ist es wirklich nicht. Aber bevor wir im dunkeln einen Schlafplatz suchen müssen, sollten wir diesen hier einfach nutzen. Wir beschließen erst einmal zu essen, da wir beide ordentlich Hunger haben. Gerade als das Essen fertig ist und wir anfangen wollen zu essen, kommt ein Auto auf das Feld gefahren. „Das war ja klar“ sagt Basti. Da wir ganz hinten in einer Ecke sind, warten wir erst einmal ab, ob sie uns überhaupt sehen. Wie soll es anders sein, kommt ein älterer Mann mit einem Spritzkanister zu uns. Er ist aber sehr freundlich und begrüßt uns. Leider spricht er nur sehr sehr schlechtes englisch und auch nur ein paar wenige Wörter. Dennoch verstehen wir was er versucht uns zu sagen. Er will die Bäume spritzen und da das Zeug giftig ist, können wir hier nicht schlafen. Also packen wir zusammen und schieben unsere Räder zurück zur Straße und fahren weiter. So ein Mist. Langsam verschwindet die Sonne am Horizont und ich bin auch schon ziemlich kaputt. Erschwerend kommt noch hinzu, dass es natürlich genau jetzt auch noch wieder bergauf gehen muss. Nach ungefähr 5Km kommt ein Rastplatz auf der Rechten Seite, wo sich auch ein kleines Lokal befindet. Gegenüber auf der anderen Straßenseite, führt ein Weg weg von der Straße. Diesmal gehe ich mir das mal anschauen, während Basti bei den Rädern bleibt. Ich folge dem Weg ein Stück. Wieder alles voll mit Olivenfeldern. An einer Stelle wird der Weg zwischen zwei Feldern jedoch etwas breiter. Hier sollte es gehen. Autos kommen noch vorbei und wir sind nicht direkt auf einem Feld. Schnell gehe ich zurück zu Basti und den Rädern. Langsam wird es auch schon dunkel, die Sonne verschwindet langsam hinter den Bergen. Ich erzähle Basti von der Stelle, die ich gefunden habe. „Super. Dann mal los“ antwortet er mir und wir fahren los. An der Stelle angekommen, fangen wir sofort an unser Zelt aufzubauen. Völlig kaputt legen wir uns in unser Zelt.