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Mit gerade einmal knapp über 4°C beginnt der Tag recht kühl. „Eigentlich muss ich ja mal Pippi, aber ich habe nicht wirklich Lust den warmen Schlafsack zu verlassen“ sagt Jasmin zu mir und zieht ihren Schlafsack bis zur Nasenspitze. Es hilft ja alles nichts. Ich schlage ihr vor, dass wir beide schnell Pippi machen gehen und dann gemütlich im Zelt frühstücken. Damit ist sie einverstanden. Schnell ein paar warme Sachen anziehen und dann ab raus in die Kälte. „Bor ist das kalt“ fröstelt Jasmin, als wir draußen sind. Leider dauert es noch ein wenig, bis wir Sonne abbekommen werden. Das ist einer der Nachteile, wenn man in einem Tal umgeben von Bergen zeltet, sowie auch, dass sich die kalte Luft länger hält. So, jetzt aber schnell Pippi machen und dann wieder ab ins Zelt frühstücken. Zurück im Zelt, kuschelt sich Jasmin sofort wieder in den Schlafsack. „Hey, doch nichts frühstücken?“ frage ich sie. „Doch, aber kannst du alles rausholen? Ich muss mich kurz aufwärmen“ antwortet sie mir und verschwindend fast komplett im Schlafsack. Ich schnappe mir die Essenstasche und hole alles raus, was wir zum frühstücken brauchen. Heute gibt es leckeres Krustenbrot mit Erdbeermarmelade und oh, halbgefrorenem Nuss-Nugat Aufstrich. Wir lassen uns heute etwas mehr Zeit beim essen, da wir hoffen, dass es nicht all zu lange dauert bis uns die ersten Sonnenstrahlen erreichen. Nach dem essen heißt es dann zusammenpacken. Zuerst packen wir alles im Inneren zusammen. Als wir das fertig haben gehe ich schon mal raus und nehme alles entgegen. Als ich zu den Hügeln hinaufschaue, sehe ich, dass es nicht mehr lange dauert bis die Sonne über den Berg ist. Auf der gegenüberliegenden Seite kann man sehen, wie langsam aber sicher der Schatten immer mehr der Sonne weicht. Als letztes kommt Jasmin aus dem Zelt. Jetzt fehlt nur noch das Zelt. Während wir das Zelt einpacken, erreichen uns die Sonnenstrahlen. Schlagartig wird es gefühlt 20°C wärmer. „Ah, schon besser“ sagt Jasmin und dreht sich Richtung Sonne und genießt die ersten Sonnenstrahlen in ihrem Gesicht. Nachdem alles verstaut ist, schieben wir unsere Räder zurück zur Straße. An der Straße angekommen steigen wir auf und fahren weiter Richtung Süd Westen. Die ersten knappen 17km wird es noch ein wenig bergab gehen. Aber danach steht uns eine ganz schöne Bergetappe bevor. Denn dann geht es von 414hm kontinuierlich rauf bis auf 1438hm. Also etwas mehr als 1000hm. Das wird sportlich. Aber zuerst genießen wir die leicht abfallende kurvenreiche Fahrt. Dabei geht es durch eine wirklich wunderschöne Berglandschaft, immer entlang eines tief unter uns liegenden Flusses durch den Canyon. Autos kommen nur selten an uns vorbei. Die Schlucht wird immer enger. Die Berge rücken immer näher zusammen. Nach einer Weile ist die Schlucht nur noch etwas breiter als die Straße. Eines der absoluten Highlights der Abfahrt ist definitiv der Teil, in dem die Straße für ein Stück unter einem riesigen Felsvorsprung verläuft. Wirklich beeindruckend.

Irgendwann haben wir die tiefste Stelle des Canyons erreicht. Dort trifft der Fluss Karpenisiotis, den wir die ganze Zeit gefolgt sind, auf den größeren Rema Krikeliotis. Für uns geht es aber über eine große Brücke weiter geradeaus. Von der Brücke aus kann man noch die Überreste der alten Brücke sehen. Direkt hinter der Brücke geht es dann mal gleich mit 12% bergauf. Das wird sich auch erst einmal nicht wirklich sonderlich ändern. Mal sind es nur angenehme 4%, dann wieder 12% oder auch schon mal nette 17%. Hilft ja alles nichts. Da müssen wir jetzt durch. Wenigstens ist die Landschaft wunderschön. Das entschädigt alles. Wir folgen der sich durch die Berge schlängelnden Straße immer weiter rauf. Hinter einer Kurve öffnet sich dann auf einmal der Canyon und gibt einen wunderschönen Blick auf die Landschaft frei. Direkt gegenüber von uns liegt mitten in die Berge gebaut, ein Klosterkomplex. Dabei handelt es sich um das Prousos-Kloster. Wir beschließen einen kurzen Halt zu machen, um die Aussicht genießen zu können. Also stellen wir unsere Räder soweit wie möglich am Straßenrand von der Straße entfernt ab. Gar nicht so leicht, wenn direkt neben der Straße die Felsen in die Höhe ragen. Auch der Verkehr hat merklich zugenommen. Grund dafür ist, dass hier gleich drei Hauptverkehrsstraßen zusammen laufen. Ein paar Meter hinter uns steht ein Auto am Straßenrand, mit mehreren Personen. Während wir die Aussicht genießen und ein paar Fotos machen, kommt ein jüngeres Mädel von der Gruppe zu uns rüber. Sie spricht uns auf englisch an und fragt, ob wir Deutsche seinen. Etwas verwundert antworte ich ihr „Yes, Why?“ Sie fängt an zu lachen und ruft zu ihrem Vater auf griechisch „Siehst du, habe ich doch gesagt“. Sie wendet sich wieder an uns und bedankt sich und klärt uns auf. Als wir an ihnen vorbei gefahren sind, meinte sie zu ihrem Vater, dass sind bestimmt Deutsche. Nur Deutsche machen so etwas verrücktes. Ihr Vater war anderer Meinung und sie haben um 5€ gewettet. Um nun herauszufinden wer Recht hat, musste sie uns natürlich fragen. Wir fangen an zu lachen und beglückwünschen sie zu ihrem Sieg. Weiter geht’s. Wir folgen der Straße, die auch direkt am Kloster vorbei führt. „Guck mal, da vorne ist eine Pausecke mit Bänken“ sage ich zu Jasmin. Wir stellen unsere Räder wieder am Fahrbandrand ab und gehen zu den Bänken und machen eine kleine Naschpause. Diese haben wir uns ja auch schließlich nach dem ganzen bergauf fahren redlich verdient. Nach einer Weile heißt es dann aber wieder rauf aufs Rad. Knapp einen Kilometer später kommen wir durch ein kleines Dorf Namens Prousos. Ein schnuckliges kleine Bergdorf. Kurz hinter Prousos finden wir einen kleinen Rastplatz, unter ein paar großen Bäumen mit Bänken und einem Brunnen. Auch hier machen wir wieder Halt. Aber diesmal nur kurz, um unsere Wasservorräte aufzufüllen. „Schade das es noch so früh ist, hier wäre ein wirklich schöner Platz zum schlafen“ sagt Jasmin zu mir. „Das stimmt, aber direkt an der Straße, ich weiß ja nicht“ antworte ich ich lachend. Nachdem Wassersack und Flaschen wieder voll sind, geht es weiter. Weiter bergauf. Als wir knappe 4km später an einer kleinen Grünfläche vorbei kommen, beschließen wir für heute Schluss zu machen. Auch wenn es gerade mal kurz nach 15 Uhr ist. Genug bergauf gefahren für heute. Außerdem darf man nicht zu wählerisch sein, was die Platzwahl in den Bergen angeht. Also steigen wir ab und schieben unsere Räder auf die Grünfläche und suchen uns einen Platz aus. „Na, ist doch perfekt! Von der Straße aus kann man uns so gut wie nicht sehen“ sage ich zu Jasmin. „Finde ich auch“ antwortet sie mir. Wir bauen das Zelt auf und machen uns anschließend etwas warmes zu essen. Kurz abspülen und dann den Rest des Tages genießen. Ich nutze die Zeit, um mir mal die Umgebung etwas genauer anzusehen. So klettere ich ein wenig durch die Gegend. Als dann die Sonne langsam hinter den Bergkuppen verschwindet, bin ich aber dann auch wieder zurück. „Da bist du ja wieder“ begrüßt mich Jasmin. Als die Sonne dann ganz verschwunden ist, verkriechen wir uns ins Zelt.

Nach einer ruhigen und erholsamen Nacht, geht es weiter. Wir machen da weiter, wo wir gestern aufgehört haben. Bergauf fahren. Zum Glück ist es nicht mehr weit bis zum höchsten Punkt, denn wir befinden uns aktuell auf 1009hm und es geht nur noch rauf bis auf 1438hm. Zwar ist es am heutigen Morgen nicht so kalt wie gestern, aber dafür ist es leider bewölkt. Nach 7,5km haben wir dann den Bergkamm erreicht. Jetzt geht es satte 40km bergab. Das heißt, warm anziehen. Schnell die Jacke übergezogen und dann geht es los. Wir rollen die kurvenreiche Straße bergab. Wir kommen an mehreren kleine Kapellen vorbei. Was uns auffällt, ist das uns immer wieder Autos mit gut angezogenen Insassen entgegen kommen. Es dauert einen Moment, bis wir eins und eins zusammengezählt haben. Es ist Sonntag Vormittag, dass heißt sie sind auf den Weg zur Kirche. Die eine Hälfte winkt uns zu und die andere Hälfte guckt uns nur verwundert an, ganz nach dem Motto, was sind das denn für Verrückte. Wir winken ihnen einfach mit einem Lächeln im Gesicht zurück. Alle paar Kilometer kommen wir an kleinen Tavernen vorbei. Dort wird schon mal das Essen vorbereitet, für die Kirchen Rückkehrer. Heute steht Zieglein auf der Speisekarte. Auf einem großen Drehspießgrill drehen sich die armen Ziegen. Nach einer gefühlt endlosen Abfahrt, erreichen wir das Ende der Bergkette, die sich einmal von Nord nach Süd durch die Mitte Griechenlands zieht. An einer Bank am Straßenrand machen wir Halt. Während wir dort pausieren, ziehen dunkele Wolken auf. „Na hoffentlich bleibt es trocken“ sagt Jasmin. Da der Wind die Wolken Richtung Gebirge drückt, also genau in die Richtung aus der wir gerade kommen, hoffen wir, dass wir von Regen verschont bleiben. Also schnell weiter. Und wir sollten Glück haben. Es bleibt für den Rest des Tages trocken und es kommt sogar ein wenig die Sonne raus. Unser Weg führt uns weiter Richtung Süden. Dabei umfahren wir einmal den wirklich großen See Limni Trichonida. Während wir ihn umfahren, kommen uns mehrere Rennradfahrer entgegen, die uns ganz begeistert zujubeln und eine schöne Reise wünschen. Kurz vor der Ortschaft Thermo treffen wir wieder auf einen alten Kampfjet. Auch diesmal halten wir an und machen eine kleine Pause. Anschließend geht es durch Thermo. Leider finden wir keine heißen Quellen, um uns aufzuwärmen. Also weiter.

Wir kommen durch eine weitläufige flache Ebene. Links und rechts von der Straße stehen viele sehr alte und große Olivenhaine. „Bor, die müssen aber schon sehr alt sein“ sagt Jasmin. Am anderen Ende der flachen Ebene, beginnen wieder Berge. Aber diesmal nur Kleine im Vergleich zu dem was wir gerade hinter uns haben. In der Ortschaft Kato Makrinou haben wir nun die Qual der Wahl, wie wir weiterfahren wollen. Option A, kurz und schmerzlos einmal über die Hügel rüber oder Option B, ein bisschen mehr Strecke aber dafür nicht so steil und auf gut asphaltierter Straße. Nach kurzem abwägen und Blick auf die Karte, entscheiden wir uns für Option A. Doch nach den ersten Metern sollten wir schnell merken, nein doch lieber Option B. Denn direkt hinter Kato Makrinou geht es auf unbefestigten Weg gleich mal mit 18% rauf. Fahren ist nicht mehr möglich. Nach einem erneuten Blick auf die Karte, merken wir schnell, dass der Weg auch nicht wirklich besser werden soll. Da es auch schon mittlerweile nach 16Uhr ist und wir mit schieben nicht wirklich schnell vorankommen, entscheiden wir uns fürs umdrehen und doch lieber die asphaltierte Straße zu nehmen. Schon viel besser. In vielen Serpentinen geht es wieder rauf. Wenigstens ist nicht viel los. Nur selten kommen uns Autos entgegen. Auf unserem Weg kommen wir an einigen Ziegenställen vorbei. Auch hier merkt man noch die Auswirkungen des vor nicht all zu langer Zeit über Südgriechenland hinweg gezogenen Sturm (Mitte September 2020). Immer wieder sieht man neben der Straße Überbleibsel von Geröll, der die Berghänge runterkam. Die Straße ist aber mittlerweile wieder freigeräumt. Langsam neigt sich der Tag dem Abend entgegen. Doch leider sieht es momentan sehr schlecht aus, was die Schlafplatzsuche angeht. Seit knapp einer halben Stunde halten wir schon Ausschau, aber gefunden haben wir noch nichts. Hin und wieder führen kleine Trampelpfade von der Straße ab. Jedes Mal machen wir Halt und ich gucke, ob wir dort einen Platz für heute Abend finde. Aber leider jedes Mal Fehlanzeige. Entweder ist viel zu wenig Platz zwischen den Bäumen und dem Gestrüpp oder der Boden ist mit großen Steinbrocken überseht und somit ist es nicht einmal ansatzweise möglich, das Zelt aufzubauen. Meistens macht uns jedoch das Gelände selbst einen Strich durch die Rechnung, denn neben der Straße geht es meistens direkt steil rauf oder steil runter. Langsam ist die Motivation echt im Keller. Nach einer gefühlten Ewigkeit werden wir dann doch noch fündig. Zwar ist es nicht optimal, aber etwas besseres werden wir nicht mehr vor Einbruch der Nacht finden. Wir schieben unsere Räder den kleinen Pfad entlang bis zur einer kleinen Stelle, die gerade so ausreichend ist für unser Zelt. Der Pfad führt noch ein paar Meter weiter und endet dann an einem kleinen Bachlauf. Da es schon sehr bald dunkel wird, kochen wir uns schnell etwas zum Abendessen. Während Jasmin nach dem Essen abspült, baue ich das Zelt auf. „Hey guck mal! Wir haben Besuch. Hey Kleiner, ganz ruhig“ sagt Jasmin zu mir und zeigt auf unseren kleinen Besucher. Ich gehe zu ihr rüber und schaue mal nach dem Rechten. „Oh, ein kleiner Krebs“ antworte ich ihr. Kurz nachdem wir uns ins Zelt verkrochen haben, ist es auch schon dunkel. Jetzt wird geschlafen.

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