Wie immer, werden wir auch an diesem Morgen von den ersten Sonnenstrahlen geweckt. Herrliches Wetter. Wir frühstücken vor unserem Zelt und packen anschließend alles zusammen. Während wir zusammen packen, kommt einer der Bauern vom Vortag wieder auf das Feld gefahren. Als er aussteigt, grüßt er uns mit einem Lächeln im Gesicht und verschwindet im Kiwifeld. Nachdem alles verstaut ist, schieben wir unsere Räder zurück zur Straße und fahren weiter.Wir haben einen wirklich wunderschönen Ausblick auf das direkt vor uns liegende Olympmassiv. Doch zuvor fahren wir noch durch Katerini. Katerini ist eine größere Ortschaft. Hier wollen wir unsere Vorräte für die uns bevorstehende Bergetappe aufstocken. Also machen wir Halt an einem Supermarkt. Während ich draußen bei den Rädern bleibe, geht Jasmin rein und erledigt unsere Besorgungen. Als sie wieder aus dem Geschäft raus kommt, hat sie ein breites Lächeln im Gesicht und sagt zu mir „Ich habe uns auch eine kleine Stärkung von der Bäckerei mitgebracht und einen Eiscafé für mich und einen Kakao für dich“. Wir verstauen den Einkauf und setzen uns dann neben unsere Räder und verputzen die kleine Stärkung. Dabei beobachten wir das rege Treiben der Leute. Nach der Stärkung heißt es dann aber wieder aufsatteln und weiter.
Hinter Katerini geht es zu erst noch relativ flach weiter, aber das wird sich schon bald ändern. Da wir diesmal von der südwestlichen Seite auf den Olymp wollen (wir wahren schon mehrere Male auf dem Olymp, jedoch immer nur von der nordöstlichen Seite aus), müssen wir einmal den Olymp umfahren. So nehmen wir die einzige Straße, die nördlich um den Olymp führt. Sie verläuft durch eine Schlucht und führt stetig bergauf. Die Landschaft ist dabei wirklich wunderschön. Wir haben fast durchgehend einen freien Blick auf die Gipfel des Olymps. Also das Ziel immer im Blick. Bis auf ein paar vereinzelte Lkws haben wir die Straße für uns alleine. Da es in den Bergen etwas schwieriger ist einen guten Schlafplatz zu finden, halten wir heute etwas früher Ausschau nach einem geeigneten Platz. Nach einer Weile werden wir dann auch fündig. In einer Kurve entdecken wir an der Kurvenaußenseite eine kleine Wiese. „Guck mal, dass könnte vielleicht was sein“ sage ich zu Jasmin und halte an. Wir schieben unsere Räder auf die Wiese, um uns den Platz mal genauer anzugucken. Auf der struppigen Wiese befinden sich nur ein paar alte unbewohnte Bienenkästen. Wir suchen uns eine gute Stelle raus und stellen die Räder ab. Leider haben wir keinen direkten Sichtschutz zur Straße, aber das ist nicht weiter schlimm, denn viel Verkehr ist hier eh nicht und die paar Autos und Lkws die hier vorbei kommen, konzentrieren sich auf die Kurve. „Bor habe ich einen Hunger. Das bergauf fahren macht ganz schön hungrig“ sagt Jasmin zu mir. „Ich koche uns schnell etwas zu essen. Ohne Mampf keinen Kampf!“ sage ich zu Jasmin und reibe mir dabei den Bauch, vorauf sie lachen muss. Während das Essen vor sich her blubbert, bauen wir schon mal das Zelt auf. Anschließend heißt es essen, abspülen und ab ins Bett.
Der nächste Morgen beginnt wie der letzte. Aufstehen, frühstücken, Sachen packen und dann weiter. Wir machen da weiter, wo wir gestern aufgehört haben, bergauf fahren. Die Straße schlängelt sich weiter durch die Schlucht bergauf. Dabei kommen wir durch ein kleines Bergdorf. Als wir an der Grundschule des Dorf vorbeifahren, spielen gerade viele Kinder auf dem Pausenhof. Als uns die Kinder entdecken, kommen sie alle an den Zaun gelaufen und winken und rufen uns zu. Wir grüßen und winken lächelnd zurück. „Da vorne kommt ein Brunnen, da können wir noch mal Wasser auftanken“ sage ich zu Jasmin und zeige auf den Brunnen. An dem Brunnen angekommen halten wir an und füllen alle Flaschen wieder auf. Weiter geht es bergauf. Aktuell befinden wir uns auf 800hm und wir müssen noch bis auf 1020hm rauf, ehe es wieder runter bis auf 600hm geht, um dann auf die 2918hm des Olymps zu kraxseln. Also ein auf und ab. Irgendwann haben wir es dann bis auf die 1020hm geschafft. „Wow! Was für ein Ausblick“ rufe ich Jasmin zu, die ein wenig hinterher hingt. „Bin gleich da“ ruft sie mir schnaufend zu. Kurze Zeit später hat sie es dann auch geschafft. „Wow! Das ist wirklich schön“. Wir genießen noch ein wenig die Aussicht, ehe wir mit der Talfahrt beginnen. Auf unserem Weg bergab kommen wir noch durch ein kleines Dorf namens Πύθιο (Pythio). Hier machen wir kurz Halt, um uns mit ein paar Keksen zu stärken. Es geht noch ein wenig weiter bergab, ehe es dann wieder ein wenig bergauf geht. Hinter einer langgezogenen Kurve taucht eine Kuhherde auf, die gemütlich links und rechts an der Straße entlang spaziert. Als wir langsam an ihnen vorbei fahren, beobachten sie uns neugierig. Nach einer kurzen bergab Fahrt erreichen wir dann die letzte Ortschaft, bevor es auf den Olymp geht. „Da vorne kommt laut Karte noch ein kleiner Minimarket, da könnten wir uns noch mit ein paar Kleinigkeiten versorgen. Kekse und so“ sage ich zu Jasmin. Doch am Minimarket angekommen, müssen wir leider feststellen, dass wir sage und schreibe 8 Minuten zu spät sind. Leider macht er eine Mittagspause von 15 bis 17Uhr. Pech gehabt. Also keine Kekse und Co. Denn jetzt ca. zwei Stunden warten wollen wir auch nicht.
Also weiter. Direkt hinter der Ortschaft geht es stetig und recht steil bergauf und wir bekommen schonmal einen Eindruck von dem, was uns die nächsten Tage erwartet. In sich nach oben schlängelnden Serpentinen geht es immer weiter der Spitze des Olymps entgegen. Noch ist die Straße gut geteert, aber das wird sich wohl ab morgen ändern. Während ich noch schaffe alles zu fahren, geht Jasmin langsam die Puste aus, was aber nach einem langen Tag bergauf fahren völlig normal ist. Außerdem geht es seit dem wir die Ortschaft verlassen haben, durchgehend mit durchschnittlich 6% bergauf. Zwischendurch sind auch schöne Anstiege mit satten 12% dabei. Auch hier ist es wieder etwas schwieriger einen Schlafplatz zu finden. Dennoch werden wir nach kurzer Zeit fündig. Ein kleiner Pfad führt ein paar Meter von der Straße weg und zu einer fast flachen Stelle, direkt an einem Abhang ins Tal mit einem wirklich wunderschönen Ausblick. Wir kochen uns in der untergehenden Sonne etwas zu essen. Unterhalb des Abhangs befindet sich ein Kuhstall. In diesem Kuhstall sind zwei oder drei Kühe, die sich, nennen wir es mal, lautstark unterhalten. „Sind da unten Elefanten eingesperrt“ sagt Jasmin lachend. „Ich finde, die hören sich eher an wie die Brachiosaurier im ersten Teil von Jurassic Park“ antworte ich ihr laut lachend. Nach dem essen bauen wir das Zelt auf und genießen noch etwas die letzten Sonnenstrahlen. Während wir neben dem Zelt sitzen, entdecke ich nur wenige Meter von uns entfernt, wie ein großer Fuchs aus dem Gebüsch kommt, auf dem Trampelpfad stehen bleibt und seine Umgebung genau beobachtet. Ich hole schnell die Kamera raus um ein paar Fotos von ihm zu machen, ehe er wieder verschwindet. Nachdem die Sonne hinter den Bergen verschwunden ist, kriechen wir ins Zelt und legen uns schlafen.
In der Nacht werden wir von Regen und dem Wind geweckt. Och ne. Nicht schon wieder. Geht es mir direkt durch den Kopf. Aber nach kurzer Zeit lässt der Regen schon wieder nach. Jedoch ist der Wind noch da und dieser rupft natürlich einen der Heringe von unserem Vorzelt aus dem Boden. „Ich gehe schnell raus und mache den wieder fest und kontrolliere zur Sicherheit nochmal alle anderen“ sage ich zu Jasmin, während ich aus meinen warmen Schlafsack krabbel und mir die Kopflampe schnappe. Während ich anfange mir die Sandalen anzuziehen, sagt Jasmin zu mir „Du willst doch nicht in Unterhose da raus?“. Ich schaue über meine Schulter zu ihr rüber und sage zu ihr „Klaro, geht doch schnell. Außerdem bin ich ein heißer Typ“. Sie lacht und legt sich wieder hin. So, schnell raus. Zwar ist der Wind etwas frisch, aber nicht so kalt wie erwartet. Ich schnappe mir einen faustgroßen Stein und schlage damit die losen Hering wieder in den Boden. Das sollte halten. Jetzt noch schnell die anderen kontrollieren und dann wieder ab ins Zelt. Aber die anderen sind alle noch fest im Boden verankert. Gerade als ich wieder ins Zelt kriechen will, meldet sich meine Blase. Halt stopp! Noch schnell Pippi machen und dann ab ins Zelt. Gesagt getan. Der Rest der Nacht verläuft ruhig. Am frühen Morgen werden wir von den Brüllkühen geweckt. „Was für ein toller Wecker“ sage ich ironisch zu Jasmin. Der Wind hat sich auch wieder gelegt und es ist nahezu windstill. Nach dem Frühstücken packen wir alles zusammen und schieben die Räder zurück zur Straße. Genau an dem Punkt, wo der Pfad wieder auf die Straße trifft, endet auch die Straße weiter bergauf und wird zur befestigten Schotterpiste. Heute wird auf jeden Fall ein anstrengender Tag. Ab sofort geht es nämlich nur noch bergauf und es geht gleich schon mit 10% los. Uff. Der Weg schlängelt sich durch die Landschaft, immer weiter dem Gipfel entgegen. Es geht dabei vorbei an grasenden Schafen und Kühen, sowie Ziegenställen. Immer wieder müssen wir uns ordentlich steile Passagen hinauf quälen. 15 und 18% sind dabei keine Seltenheit. Mittlerweile geht nichts mehr unter 5% und diese fühlen sich im Vergleich zum Rest an, als würde man gerade fahren. Aber die immer wieder wunderschönen Ausblicke auf das vor uns liegende Tal sind atemberaubend. Hin und wieder fahren Bauern mit ihren Pickups an uns vorbei. Rauf, mit Heuballen auf der Ladefläche und dann wieder leer hinunter. Jedes mal wenn sie an uns vorbeifahren, feuern sie uns an. „Ich glaube wir sind die ersten zwei Verrückten, die mit vollbeladenen Rädern den Olymp rauf gurken“ sagt Jasmin zu mir. „Jupp, das glaube ich auch“ antworte ich ihr lachend. Als der Weg mal wieder eine scharfe Biege macht, entscheiden wir uns dazu eine Mittagspause zu machen. Wir setzten uns neben dem Weg auf zwei große Steine und essen und trinken eine Kleinigkeit und genießen dabei die herrliche Aussicht. „Sollen wir weiter?“ frage ich Jasmin. „Hilft ja alles nicht“ erwidert sie und wir schwingen uns wieder auf die Räder und fahren bzw. schieben (Jasmin) weiter. Einige Höhenmeter später kommen wir an einer kleinen Hütte vorbei. „Können wir eine kurze Pause machen?“ fragt mich Jasmin. „Klar“ antworte ich ihr und wir stellen unsere Räder an der kleinen Hütte ab. Die alte verrostete Blechtür der Hütte wird mit einer kleinen Drahtschlaufe zugehalten. Durch das Fenster der Belchtür, dass auch kein Glas mehr besitzt, kann ich ins Innere der Hütte schauen. In der Hütte stehen zwei alte Metallbettgestelle mit schmuddeligen Matratzen. An der Wand hängt ein Regal auf dem eine eingestaubte leere Whiskyflasche steht. Hier scheint schon länger keiner mehr gewesen zu sein.
„Da vorne geht es aber ganz schön steil weiter. Meinst du wir schaffen das?“ fragt mich Jasmin. „Mmh. Laut Karte kommen da noch einmal 18% auf uns zu. Wir gucken mal wie weit wir kommen“ antworte ich ihr. Leider wird der Weg auch deutlich schlechter. Aus dem zuvor recht akzeptablen Weg, wird nun ein loser Geröllboden. Fahren ist hier wirklich nicht mehr möglich. Durch die dicken Schottersteine rutscht das Rad immer wieder unkontrollierbar hin und her und das dann auch noch bei 18% Steigung. Viel zu gefährlich zum fahren. Also steige ich auch ab und schiebe. Ich merke, dass Jasmin immer weiter zurückfällt. Also halte ich an und stelle das Rad auf Seite und schnappe mir das Handy, um mir unseren weiteren Weg auf der Karte mal genau anzuschauen. Bleibt der Weg so oder wird er wieder besser? Unser eigentliches Ziel ist eine Bergnothütte auf 2450hm. Dort kann man auch Zelten. Aktuell befinden wir uns auf 1650hm. Bis zu der Hütte soll es zwar natürlich weiter bergauf gehen, aber nicht mehr ganz so steil. Jedoch bleibt aber der Untergrund größtenteils so wie er jetzt ist. Und es sind immerhin noch knappe 12Km bis zur Hütte. Das wird hart. Als Jasmin bei mir angekommen ist, erzähle ich ihr alles was ich weiß. „Ich würde sagen, wir lassen die Räder hier stehen, und gehen da vorne bis zur nächsten Biegung und gucken mal wie es dahinter weitergeht. Außerdem wird es bald dunkel und wir brauchen einen Schlafplatz. Leider sieht es hier sehr schlecht aus. Weiter oben wird es laut der Karte für die nächsten 3Km auch nicht besser. Sehr steiles Gelände“. Sie stimmt mir zu und wir gehen ohne die Räder bis zu der Kurve. An der Kurve angekommen sehen wir, dass der Weg zwar ein wenig besser wird, aber zum fahren nicht wirklich geeignet ist. Außerdem ist der Weg deutlich schmaler. Rechts vom Weg geht es direkt steil bergauf und links von ihm steil runter. Zelten Fehlanzeige. „Pass auf, ich laufe mal vor und gucke ob weiter bergauf in den nächsten 1 oder 2Km ein geeinigter Platz zum Zelten kommt“ sage ich zu Jasmin und laufe los. Nachdem ich gefühlt eine Ewigkeit dem Weg gefolgt bin aber einfach nichts zum schlafen gefunden habe, drehe ich wieder um und renne den Berg wieder runter. Bei Jasmin angekommen, die mittlerweile wieder zurück zu den Rädern gegangen ist, berichte ich ihr alles. „Also, ich sehe das so. Wir haben jetzt drei Möglichkeiten. Die 1. wäre, wir fahren/schieben weiter bergauf und schlagen unser Zelt am Wegesrand auf in der Hoffnung, dass heute keiner mehr mit seinem Geländewagen kommt und den Berg hoch will. Weil der kommt dann definitiv nicht an uns vorbei. Dafür ist der Weg einfach zu schmal. Oder 2. Wir fahren wieder bis zu der kleinen Hütte runter, die da unten ist (und zeige auf die Hütte die man von uns aus sieht) und schlagen dort unser Zelt auf und fahren dann morgen weiter. Oder aber Option 3, wir fahren ebenfalls runter zu der Hütte, Zelten dort, stehen um 2Uhr morgens auf, verstauen unsere Sachen in der kleinen Hütte bis auf die Wertsachen, sprich Geld, Pässe und Kameras und gehen dann zu Fuß zum Gipfel und schauen uns morgen früh den Sonnenaufgang am Skala Gipfel an“. Wir beratschlagen uns eine ganze Weile, ehe wir uns für die dritte Option entscheiden. Wir schnappen uns unsere Räder und fahren bzw. schieben unsere Räder wieder zurück zur Hütte. An der Hütte angekommen, bereiten wir alles für den kommenden Aufstieg vor. Da wir Rucksacktragegestelle für unsere Radtaschen haben, packen wir uns zwei Rucksäcke mit allem was wir brauchen zurecht. Die Räder und alles was wir nicht für die Nacht brauchen, verstauen wir schon einmal so in der Hütte, das man die Sachen nicht direkt sieht, wenn man durch das Fenster in der Tür schaut. Wir machen uns noch etwas zu essen und legen uns dann schlafen.