Mitten in der Nacht werde ich vom Wecker aus dem Schlaf gerissen. Basti schaltet den Wecker aus und flüstert mir zu „Aufstehen, der Berg ruft“. Och ne. Ich will noch gar nicht aufstehen. Während ich mich noch aus dem warmen Schlafsack quäle, ist Basti schon voll zu Gange. Wir packen unsere Sachen zusammen und kriechen dann aus dem Zelt in die klare und frische Nachtluft. „Bor ist das kalt“ sage ich zu Basti. „Geht so. Laut Thermometer haben wir 9°C“ antwortet er mir. „Was! 9°C?“. „Naja, du bist ja auch auf nem Berg und es ist gerade mal kurz nach 2 Uhr morgens“ antwortet er mir lachend, während wir anfangen das Zelt abzubauen. Wenige Minuten später ist es auch schon im Packsack verstaut. Bis auf die zwei gepackten Rucksäcke die wir mit zum Gipfel nehmen, packen wir alles in die kleine Hütte zu dem Rest unserer Sachen. Jetzt geht’s los. Auf zum Mytikas. Bis zum Gipfel liegen jetzt ungefähr 17Km und ca. 1650hm vor uns. „Mach mal deine Kopflampe aus, dann kannst du die Sterne sehen“ sagt Basti zu mir und schaltet seine Kopflampe aus. Ich schalte meine auch aus. Einen kleinen Augenblick brauchen die Augen um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen. „Wow. Zum Glück haben wir keine Wolken“ flüstere ich ihm zu. Wir schalten unsere Kopflampen wieder ein und gehen weiter. Der Weg führt in langgezogenen Kurven den Berg hinauf. Links, Abgrund und rechts die Flanke des Berges. Es herrscht eine Totenstille. Bis auf den Schotter, der unter unseren Schuhen beim gehen knirscht, ist nicht zu hören. Plötzlich ist ein lauter Tumult und Flügelschläge von rechts zu hören. Wir zucken beide vor Schreck zusammen. „Boar habe ich mich erschreckt. Blöde Vögel“ meckere ich vor mich her. Basti fängt an zu kichern „Jupp. Mich haben sie auch erwischt“. Mittlerweile haben wir die 2000hm Linie überschritten. „Jetzt sind es noch knapp 7km bis zur Schutzhütte“ sagt Basti zu mir. Wir folgen dem Weg immer weiter Richtung Gipfel. „Hör mal“ sagt Basti zu mir und bleibt stehen. Ich lausche und höre nicht allzu weit entfernt Kuhglocken leise läuten. „Die kündigen sich wenigstens vorher an“ sagt Basti lachend zu mir. Einige Zeit später sehen wir abseits des Weges, kurz ein Augenpaar im Schein der Kopflampen aufleuchten. War wohl ein Fuchs oder so etwas in der Art. Leider nimmt der Wind immer mehr zu. Und es wird deutlich kälter. Endlich sind wir an der Hütte, die sich auf 2450hm befindet, angekommen. Im Lichtkegel unserer Kopflampen sehen wir, dass es hier zwei Steinhütten gibt, sowie einen großen Grillplatz. Es scheint niemand hier zu sein, denn wir können kein Auto, Zelt oder irgend etwas anderes, was auf Menschen hindeutet, sehen. Wir gehen zu der kleineren Hütte von den Zweien und klopfen an der Tür und warten kurz. Da keiner antwortet, öffnen wir die Tür und treten ein. Im Inneren stehen mehrere Stockbetten auf denen Steppdecken liegen. „Hier drinnen ist es aber nicht viel wärmer als draußen. Schade das der Kamin nicht an ist“ sage ich zu Basti. Wir verlassen die Hütte wieder, um uns auch noch die andere mal anzusehen. Draußen weht uns direkt wieder der eisige Wind um die Ohren. Schnell in die andere Hütte. Die andere Hütte scheint die Haupthütte zu sein. Es gibt einen großen Kamin, Tische und Bänke, ein Funkgerät, Karten und einen Notfallschrank der voll mit Lebensmittel, Wasser und Verbandsmaterial ist. Auch hier stehen viele Stockbetten im hinteren Teil der Hütte. Wir schnappen uns ein paar von den Steppdecken und setzten uns an einen der Tische. Jetzt wird erst einmal gefrühstückt. Zum Frühstück gibt es Kekse und Müsliriegel mit Saft. Man muss sich schließlich stärken. Nach dem essen ziehen wir uns dick an, denn jetzt geht es zum Gipfel.
Leider hat der eisige Wind nicht nachgelassen. Wenigstens sind keine Wolken zu sehen. Hinter der Bergkuppe sieht man schon, wie es langsam heller wird. Leider werden wir es wohl nicht ganz bis zum höchsten Gipfel zum Sonnenaufgang schaffen. In einigen Metern Entfernung sehen wir zwei Hunde. Einer von ihnen scheint ein Welpe zu sein, der sich hinter ein paar größeren Felsbrocken zu verstecken versucht, aber immer wieder neugierig den Kopf herausstreckt. Der andere Hund, scheinbar die Mama, fängt an zu bellen als sie uns sieht. „Hey, ganz ruhig. Wir tun dir doch nichts“ sagt Basti ruhig zu ihnen, während wir an ihnen vorbei gehen. Kaum sind wir an ihnen vorbei, beruhigt sie sich wieder und hört auf zu bellen. Jetzt geht es steil rauf. Wir folgen dem kleinen Wanderpfad, der mit Wegpfeilern markiert ist. Oben angekommen, befinden wir uns auf einem kleinen Plateau und haben direkten Blick auf den Skala Gipfel (2866hm) und den höchsten Punkt des Olymps, Mytikas mit 2918hm. Was für eine wunderschöne Aussicht. Hinter Mytikas sind die ersten Sonnenstrahlen zu sehen. Jetzt sind es nur noch wenige Meter bis zu Skala. „Schön wieder hier zu sein“ sagt Basti, als wir bei Skala ankommen. Es ist nicht das erste Mal das wir hier stehen. In den letzten Jahren ist es bei uns zur Tradition geworden, wenn wir zu Besuch bei Bastis Großeltern in Griechenland sind, einmal den Olymp zu besteigen. Diese Tradition wollten wir natürlich fortführen. Von Skala aus hat man einen wirklich beeindruckenden Ausblick auf den Kakoskala Grat, der zum Gipfel (Mytikas) führt. Auf diesem Grat muss man jetzt entlang krachseln um zu Mytikas zu gelangen. Für geübte Kletterer und Wanderer an sich kein Problem. Solange man schwindelfrei ist. Doch leider ist der Wind ziemlich stark und es sind immer wieder starke Böen dabei. Nicht gerade optimal, wenn man auf einem Grat lang klettern möchte. Wir stellen uns in eine einigermaßen windstillen Ecke und beratschlagen uns kurz, ob wir trotz des Windes zum Gipfel klettern wollen oder nicht. Am Ende entscheiden wir uns dafür, dass ich hier warte und Basti alleine zum Gipfel klettert. Die Windböen sind so stark, das ich mich teilweise nicht auf den Beinen halten kann. Das ist mir dann doch zu gefährlich. „Pass ja auf“ sage ich noch zu ihm, ehe er aus meinem Sichtfeld verschwindet. Immer wieder sehe ich ihn, wie er Mutterseelen alleine auf dem Grat entlang klettert. Vom ganzen auf der Stelle stehen wird mir ganz schön kalt. Zwar wärmen mich die Sonnenstrahlen ein wenig, aber der eisige Wind bringt mich echt zum frösteln. Dann sehe ich Basti, wie er an der Gipfelfahne steht und mir zuwinkt. Super, er hat es geschafft. Jetzt bin ich echt ein wenig neidisch, dass ich nicht mit geklettert bin. Er macht ein paar Fotos und Videos und trägt sich anschließend noch ins Gipfelbuch ein, ehe er sich wieder auf den Rückweg macht.
Mitleerwille sind auch einige Bergsteiger am Skala Gipfel angekommen, die sich ihre Kletterausrüstungen anziehen um auch den Gipfel zu besteigen. Es scheinen geführte Touren zu sein, denn einer von ihnen erklärt den anderen, wie man die Ausrüstung richtig anlegt. Außerdem hat er ein Logo von einer Abenteueragentur auf der Jacke. Doch ehe sich die Gruppe auf den Weg macht, ist Basti schon wieder zurück. „Gut das wir so früh dran waren, so hatten wir wenigstens den Gipfel für uns alleine“ sagt Basti zu mir. Jetzt heißt es, den ganzen Weg wieder zurück. Kurz bevor wir fast wieder an dem Plateau ankommen, laufen direkt neben dem Weg die beiden Hunde von vorhin. Diesmal bellt die Mutter nicht. Der kleine kommt sogar zu uns rüber gelaufen. Die beiden sind ganz schön abgemagert. „Wir haben doch noch ein bisschen was von dem süßen Brot oder?“ fragt mich Basti. Ich hole das restliche Brot aus der Tasche und gebe es ihm. Der kleine ist zwar etwas schüchtern, freut sich aber sichtlich über das Brot. Der Mutter wirft Basti auch ein Stück von dem Brot zu. Als alles verputzt ist, verabschieden wir uns von den beiden Wauwaus und gehen weiter. Auf dem Weg zurück zur Nothütte, kommen uns ein paar Leute entgegen. Als wir wieder an der Hütte ankommen sehen wir, dass hier mittlerweile mehrere Geländewagen und Jeeps geparkt stehen. An einem Jeep stehen zwei Männer, die uns grüßen und fragen, ob wir oben waren. Wir unterhalten uns kurz mit ihnen und gehen dann weiter. Im Gegensatz zu den anderen, haben wir schließlich noch einen ordentlichen Fußmarsch vor uns. Als sie sehen, dass wir zu Fuß weiter gehen, rufen sie uns hinter her „Hey, seid ihr etwa den ganzen Berg zu Fuß hoch?“. „Nicht ganz. Auf 1600hm stehen unsere Räder“ antwortet ihnen Basti. Die beiden Männer schauen sich verwirrt gegenseitig an und fangen an zu lachen. Nach insgesamt knappen 34km erreichen wir wieder die kleine Hütte, in der hoffentlich noch unsere Sachen drinnen sind. Wir öffnen die Tür und alles ist zum Glück noch da. „Jetzt bin ich aber echt fertig“ sage ich zu Basti und setzte mich vor die Hütte auf das kleine Mäuerchen. Basti hingegen, fängt an alles wieder raus zu räumen und die Taschen wieder umzupacken. Unser Plan ist es, heute noch ein Stück wieder herunter zu fahren, bis zu der Stelle, an der wir von vorgestern auf gestern genächtigt haben. Ich brauche jedoch erst einmal eine kleine Pause. Meine Beine fühlen sich schwer wie Blei an. Nachdem wieder alles ordnungsgemäß verstaut ist, werden die Räder beladen und es geht abwärts. Zwar geht es abwärts, aber das heißt nicht, dass es einfacher wäre. Man merkt die Beine schon ein wenig und man muss aufmerksam und konzentriert bleiben. Sonst landet man bei dem losen Untergrund schnell auf der Nase. So kriechen wir nur geringfügig schneller den Berg wieder hinab, den wir gestern noch hochgeeiert sind. An der uns bekannten Stelle wieder angekommen, werden wir auch gleich wieder von den Brüllkühen in Empfang genommen. Wir stellen die Räder ab und bauen das Zelt auf. So, jetzt wird gekocht, denn wir haben beide ziemlich Hunger. Nach dem essen wartet schon das nächste Highlight auf uns. Heute heiratet Bastis Cousine in Deutschland. Da wir ja leider verhindert sind, haben wir uns mit Bastis anderen Cousine, die auch gleichzeitig die Trauzeugin ist, in den letzten Tagen in Verbindung gesetzt, um einen Videoanruf zu ermöglichen. So konnten wir wenigstens ein wenig an der Hochzeit teilnehmen und unsere Glückwünsche persönlich übermitteln.
Alles Gute für die Zukunft euch zwei 💑
Danach hieß es dann aber Zähne putzen, pullern und ab ins Bett.